Acrylbeschichtete Glasseidenschläuche als neue Lösung


1. Einführung: Herausforderung in der Isoliertechnik

Die Entwicklung elektrischer Antriebstechnologien hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Besonders bei Elektromotoren zeigt sich ein klarer Trend: Sie werden kompakter und zugleich leistungsfähiger. Diese konstruktiven Vorteile bringen jedoch neue technische Herausforderungen mit sich. Eine davon betrifft die Ableitung der Verlustwärme, die bei gesteigerter Leistungsdichte deutlich zunimmt. Gerade bei luftgekühlten Motoren kann dies zu einem gefährlichen Wärmestau führen. In solchen Fällen ist eine geeignete Isolierung der elektrischen Komponenten entscheidend, um die Funktionsfähigkeit, Sicherheit und Langlebigkeit des Systems zu gewährleisten.

2. Der klassische Ansatz: Polyurethanbeschichtete Glasseidenschläuche

Seit Jahrzehnten gelten Glasseidenschläuche mit Polyurethanbeschichtung als bewährte Lösung im Bereich der elektrischen Isolation – insbesondere in ölgekühlten Systemen. Diese Produkte sind in der Temperaturklasse F eingestuft, was einem Dauerbetrieb bei bis zu 155 °C entspricht. Zusätzlich punkten sie durch ihre Ölresistenz, elektrische Isolationseigenschaften und Flexibilität. Doch mit zunehmenden Anforderungen an die thermische Belastbarkeit stößt dieser Isolierstoff zunehmend an seine Grenzen.

3. Problemstellung: Polyurethan im Hochtemperaturbereich

Unsere Versuchsreihen zeigten deutlich, dass Polyurethanlackierungen bei Temperaturen oberhalb von 160 °C bis 170 °C schnell versagen können. Dies äußert sich durch Verfärbungen, Ablösungen der Lackschicht und eine zunehmende Brüchigkeit des Materials. Vor allem bei dunkleren Lackierungen traten nach thermischer Belastung sichtbare strukturelle Veränderungen auf, die eine zuverlässige Anwendung unter Volllastbedingungen unmöglich machten.
Ein konkreter Anwendungsfall eines Kunden verdeutlichte die Problematik: Gefordert war ein Isolierschlauch, der eine Dauerbelastung von bis zu 190 °C zuverlässig überstehen sollte. Mit dem klassischen Polyurethan war dies nicht realisierbar.

4. Lösungsweg: Entwicklung eines neuen Beschichtungsmaterials

Um der Herausforderung gerecht zu werden, entschieden wir uns für einen innovativen Ansatz: Die Entwicklung einer neuen Beschichtung auf Basis von Acrylharzen. Acrylhaltige Lacke zeichnen sich durch eine hohe thermische Stabilität und günstige physikalische Eigenschaften aus, die in diesem Zusammenhang vielversprechend erscheinen – auch wenn sie nominal ebenfalls in die Temperaturklasse F fallen.
In enger Zusammenarbeit mit erfahrenen Lackherstellern entwickelten wir verschiedene Rezepturen, die anschließend umfangreichen Prüfungen unterzogen wurden.

5. Testverfahren und Qualitätssicherung

Um die Praxistauglichkeit der neuen Acrylbeschichtung zu evaluieren, setzten wir auf eine umfassende und langfristig angelegte Testreihe. Diese umfasste:
Dauerhitzebelastung bei Zieltemperaturen über 190 °C über mehrere Monate

  • Wechseltemperaturtests mit Spannungszyklen von −40 °C bis +190 °C

  • Prüfung unter Volllast und realen Einbaubedingungen

  • Elektrische Isolationsprüfungen bei unterschiedlichen Umgebungseinflüssen

Die Tests zeigten ein zunächst gemischtes Bild, doch durch gezielte Anpassungen in der Rezeptur und Anwendungstechnik konnte ein optimales Ergebnis erzielt werden.

6. Das Ergebnis: Acrylbeschichtete Glasseidenschläuche als neue Lösung

Die nun serienreif entwickelte Lösung übertraf schließlich die Erwartungen. Mit der neu formulierten Acrylbeschichtung entstand ein Isolierschlauch, der die hohen Anforderungen des Kunden – insbesondere hinsichtlich thermischer und elektrischer Belastung – erfüllte.
Die Vorteile der neuen Beschichtung auf einen Blick:

  • Höhere Temperaturbeständigkeit im Bereich bis 190 °C und darüber hinaus

  • Stabile mechanische Eigenschaften auch bei thermischen Wechselbelastungen

  • Ausgezeichnete elektrische Isolation selbst bei hohen Temperaturen

  • Erhöhte Flexibilität und mechanische Belastbarkeit

  • Umweltfreundlichere Verarbeitung, da lösemittelfrei möglich

7. Marktentwicklung: Vom Sonderprojekt zum Serienprodukt

Was ursprünglich als individuelle Lösung für einen spezifischen Anwendungsfall gedacht war, entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zu einem festen Bestandteil unseres Produktsortiments. Die Nachfrage nach acrylbeschichteten Glasgewebeschläuchen ist seither stetig gestiegen. Mittlerweile ersetzt diese Produktgruppe in vielen Anwendungsbereichen die herkömmlichen Polyurethanbeschichteten Varianten.

Ein maßgeblicher Vorteil liegt auch in der besseren Anpassbarkeit an aktuelle Umwelt- und Sicherheitsanforderungen. Viele Kunden fordern heute einen konsequenten Verzicht auf Lösemittel in Zulieferteilen. Während dies bei Polyurethan zu Einbußen in der Materialfestigkeit führt, zeigen unsere Acrylvarianten gerade in dieser Hinsicht stabile und belastbare Eigenschaften.

8. Vielfalt und Verfügbarkeit im Standardsortiment

Neben individuell entwickelten Produkten bieten wir mittlerweile eine breite Auswahl an Standardlösungen im Bereich der acrylbeschichteten Glasseidenschläuche an. Diese sind in zahlreichen Farben, Durchmessern und Ausführungen verfügbar:
Acryl-beschichtete Glasseidenschläuche: für Anwendungen mit hohen mechanischen und thermischen Anforderungen

  • Acryl-imprägnierte Glasgewebeschläuche: mit hervorragender Imprägnierung und Flexibilität

  • Kundenspezifische Farbvarianten: zur visuellen Kennzeichnung von Kabelsträngen

  • Sonderausführungen: z. B. für die Luft- und Raumfahrt oder die Elektromobilität

9. Zukunftsausblick: Innovation als Bestandteil der Produktstrategie

Die positive Resonanz auf unsere Acrylvarianten zeigt uns deutlich, dass es sich lohnt, bestehende Lösungen immer wieder neu zu denken. Die Elektromobilität, moderne Antriebstechniken und steigende Anforderungen an Umweltverträglichkeit und Energieeffizienz treiben diese Entwicklung weiter voran.

Unsere Entwicklungsabteilung arbeitet bereits an weiteren Modifikationen und verbesserten Rezepturen – unter anderem im Hinblick auf:

  • Noch höhere Temperaturklassen (z. B. H oder höher)

  • Kombinationsbeschichtungen (Acryl-Silikon)

  • Selbstverlöschende Eigenschaften für sicherheitskritische Anwendungen